O TANNENBAUM
O Tannenbaum
O
wie
Du
nein auch im Winter,
O
1. O Tannenbaum, O Tannenbaum,
wie grün sind deine Blätter?
Du grünst nicht nur zur Sommerzeit,
nein auch im Winter, wenn es schneit.
O Tannenbaum, O Tannenbaum,
wie grün sind deine Blätter?
2. O Tannenbaum, o Tannenbaum,
du kannst mir sehr gefallen!
Wie oft hat schon zur Weihnachtszeit
ein Baum von dir mich hocherfreut!
O Tannenbaum, o Tannenbaum,
du kannst mir sehr gefallen!
3. O Tannenbaum, o Tannenbaum,
dein Kleid will mich was lehren:
Die Hoffnung und Beständigkeit
gibt Trost und Kraft zu jeder Zeit,
o Tannenbaum, o Tannenbaum,
dein Kleid will mich was lehren.
O TANNENBAUM
Das Weihnachtslied “O Tannenbaum” gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Liedern der Weihnachtszeit. Seine Geschichte reicht weit zurück und ist geprägt von interessanten Wandlungen und Adaptionen.
Ursprünge im 16. Jahrhundert: Die Wurzeln von “O Tannenbaum” lassen sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Bereits um 1550-1580 existierte ein Lied mit der Strophe:
“O Tanne, du bist ein edler Zweig,
Du grünest Winter und die liebe Sommerzeit
Wenn alle Bäume dürre sein
So grünest du, edles Tannenbäumelein”
Diese Zeilen finden sich in dem Lied “Es hing ein Stallknecht seinen Zaum” und zeigen, dass die Tanne schon damals als Symbol für Beständigkeit und Treue galt.
Entwicklung im 17. und 18. Jahrhundert: 1615 zitierte der Komponist Melchior Franck aus Zittau in Sachsen in einem Quodlibet ein Lied, das als frühe Version von “O Tannenbaum” gilt. Im 18. Jahrhundert verbreitete sich dann in Schlesien ein Volkslied mit ähnlichem Text. Parallel dazu entwickelte sich die Melodie, die wir heute mit “O Tannenbaum” verbinden. Sie geht mindestens auf das Jahr 1799 zurück, könnte aber noch älter sein. Diese Melodie wurde für verschiedene Lieder und Parodien verwendet, wie es damals bei Volksliedern üblich war.
Die Liebeslied-Version von 1819: Eine entscheidende Wendung nahm die Geschichte des Liedes im Jahr 1819. Der Pädagoge Joachim August Zarnack aus Mehmke in Sachsen-Anhalt verfasste einen Text, der die Melodie mit einem Liebeslied verband. In dieser Version beklagt ein unglücklich Verliebter die Untreue seiner Geliebten und stellt sie dem immergrünen, beständigen Tannenbaum gegenüber. Eine Strophe lautete:
“O Mägdelein, o Mägdelein,
Wie falsch ist dein Gemüte!
Du schwurst mir Treu in meinem Glück,
Nun arm ich bin, gehst du zurück.
O Mägdelein, o Mägdelein,
Wie falsch ist dein Gemüte!”.
In dieser Version spielte der Tannenbaum nur eine Nebenrolle als Symbol der Treue.
Die Weihnachtslied-Version von 1824: Der entscheidende Schritt zur heutigen Form des Liedes erfolgte 1824 in Leipzig. Ernst Anschütz, Kantor an der Georgenkirche, suchte nach Liedern, die er für Kinder zu Weihnachten umdichten konnte. Er stieß auf Zarnacks Liebeslied und erkannte das Potenzial. Anschütz behielt die erste Strophe bei, strich aber die anderen und fügte zwei neue hinzu, die sich nun vollständig auf den Tannenbaum konzentrierten.
Er veränderte den Text so, dass er besser zur weihnachtlichen Stimmung passte und für Kinder geeignet war. Interessanterweise lautete die zweite Zeile der ersten Strophe bei Zarnack und Anschütz ursprünglich noch “wie treu sind deine Blätter”. Die heute gebräuchliche Variante “wie grün sind deine Blätter” setzte sich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zur Standardversion.
Verbreitung und Adaptionen: Obwohl Anschütz’ Version von 1824 stammt, wurde “O Tannenbaum” in Deutschland erst nach dem Zweiten Weltkrieg als Weihnachtslied wirklich populär. In der Zwischenzeit erlebte die Melodie verschiedene Transformationen und wurde für unterschiedliche Zwecke genutzt:
1. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde sie für ein Spottlied auf Kaiser Wilhelm II. verwendet.
2. In den USA diente die Melodie während des Bürgerkriegs als Kampflied.
3. Die britische Labour Party adaptierte die Melodie für ihre Hymne “The Red Flag”.
4. Von 1939 bis 2021 war eine Version der Melodie sogar die offizielle Hymne des US-Bundesstaates Maryland.
Internationale Verbreitung: Deutsche Auswanderer brachten das Lied im 19. Jahrhundert nach Amerika, wo es als “Oh Christmas Tree” bekannt wurde. Heute gehört “O Tannenbaum” nach “Stille Nacht, Heilige Nacht” zu den meistgesungenen Weihnachtsliedern, die von Deutschland aus die Welt erobert haben. Die Melodie wurde in vielen Ländern adaptiert, oft mit völlig anderen Texten. So gibt es beispielsweise in Island ein Schullied zur Melodie von “O Tannenbaum”, und der englische Fußballverein FC Chelsea nutzt sie für einen Fangesang.
Kulturelle Bedeutung: “O Tannenbaum” hat sich im Laufe der Jahrhunderte von einem einfachen Volkslied über ein tragisches Liebeslied zu einem der bekanntesten Weihnachtslieder entwickelt. Es spiegelt die sich wandelnde Bedeutung des Tannenbaums in der deutschen Kultur wider – vom Symbol der Treue und Beständigkeit zum zentralen Element der Weihnachtsfeier. Heute ist “O Tannenbaum” ein fester Bestandteil der weihnachtlichen Musikkultur im deutschsprachigen Raum und weit darüber hinaus.
Es wird von Kindern in Schulen gesungen, erklingt auf Weihnachtsmärkten und wird von Künstlern aller Genres interpretiert – von klassischen Chören bis hin zu Rock- und Popbands. Die Geschichte von “O Tannenbaum” zeigt eindrucksvoll, wie sich Volkslieder über die Zeit entwickeln und an neue Kontexte anpassen können. Von seinen Wurzeln im 16. Jahrhundert bis zu seiner heutigen globalen Popularität hat das Lied eine bemerkenswerte Reise zurückgelegt und bleibt dabei ein zeitloses Symbol für die Freude und Beständigkeit der Weihnachtszeit.