DIE LORE AM TORE

 

Die Lore am Tore

Von allen den Mädchen so blink und so blank
gefällt mir am besten die Lore,
von allen den Winkeln und Gäßchen der Stadt
gefällt mir’s nur draußen am Tore.
Der Meister der schmunzelt, als hab’ er Verdacht,
als hab’ er Verdacht auf die Lore;
sie ist mein Gedanke bei Tag und bei Nacht
und wohnet im Winkel am Tore.

Und kommt sie getrippelt das Gäßchen herab,
so wird mir ganz schwül vor den Augen,
Und hör‘ ich von weitem ihr leises Klipp, Klapp,
kein Niet oder Band will mehr taugen.
Die Damen bei Hofe mit all‘ ihrer Pracht,
sie gleichen doch nicht meiner Lore,
Sie ist mein Gedanke bei Tag und bei Nacht,
und wohnet im Winkel am Tore.

Und kommet die liebe Weihnacht heran
und stotzt mir das Geld in der Westen
das Geld, das die Mutter zum Rock mir gesandt
Ich geb’s ihr, bei ihr ist’s am besten
Und wir mir Schätze vom Teufel gebracht
ich trüg sie alle zur Lore
Sie ist mein Gedanke bei Tag und bei Nacht,
und wohnet im Winkel am Tore.

Und kommet nun endlich auch Pfingsten heran,
nach Handwerksgebrauch müßt’ ich wandern;
dann werd’ ich jedoch für mein eigenes Geld
hier Bürger und Meister trotz andern.
Dann werde ich Meister in dieser Stadt:
Frau Meisterin wird meine Lore;
dann geht es Juchheissa! bei Tag und bei Nacht,
doch nicht mehr im Winkel am Tore.

70 / 100