ARMES HÄSLEIN

Armes Häslein

Gestern Abend ging ich aus,
ging wohl in den Wald hinaus;
saß ein Häslein in dem Strauch,
guckt mit seinen Äuglein raus.
Armes Häslein, was du sagst
und ganz heimlich zu mir klagst!

“Was will denn der Waidemann?
Hetzt auf mich die Hündlein an?
Wenn der Jäger mich ertappt
und das Windspiel mich erschnappt,
hält er mir die Büchse her,
als wenn sonst kein Has mehr war!

Bringt der Jäger mich nach Haus,
zieht ‘r mir Pelz und Hosen aus,
legt mich auf das Küchenbrett,
spickt mein Buckel brav mit Speck;
steckt den Spieß von hinten ein,
wie kann er so grob doch sein!

Wenn ich dann gebraten bin,
trägt man mich zur Tafel hin;
der Eine schneidt sich ab sein Teil,
der Andre bricht mir’s Bein entzwei,
der Dritte nimmt sichs Allerbest:
nehmt vorlieb, ihr lieben Gäst!

Nun bin ich tot, ich armer Has,
geh dem Bauer nicht mehr ins Gras,
geh dem Bauer nicht mehr ins Kraut,
habs bezahlt mit meiner Haut.
Wenn ich an mein Schicksal denk,
es mi recht von Herzen kränkt!

Lange Ohren, das Maul ist breit
und der Kopf sehr ungescheidt,
stumpfe Zahn, ein langer Bart,
als war ich von Katzenart.
Wenn ich an mein Schicksal denk.
es mi recht von Herzen kränkt!

Ein Schwänzlein hab ich, das ist klein,
wünscht, es möchte größer sein.
Weil es nun nicht größer ist,
muss es bleiben, wie es ist.
Wenn ich an mein Schicksal denk,
es mich recht von Herzen kränkt!”

73 / 100